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Feindbild Familie – Warum Kitas und Betreuungsplätze nicht nur positiv sind!

Feindbild Familie – Warum Kitas und Betreuungsplätze nicht nur positiv sind!

Für unabhängige Kinder gibt es auch in der heutigen Zeit noch die bekannten Vorbilder aus Film und Literatur. Ob Tom Sawyer, Pippi Langstrumpf oder Kevin, der bekanntlich allein zu Hause das Leben der Erwachsenen auf den Kopf stellte. Es geht bei allen Filmen um die Freiheit von Kindern; im Fachjargon auch weniger abenteuerlich als „Anti-Institutionen-Kindheit“ bezeichnet. Also die Vermeidung der frühkindlichen Erziehung durch Fremde in Kindergärten und Kitas. Doch war früher die familiäre Erziehung anerkannt und gewünscht, wird heute von der Politik und den Medien die Institutionen-Kindheit propagiert.

[dropcap]D[/dropcap]er Begriff Institutionen-Kindheit stellt dar, wie Kinder von klein auf in Kindertagesstätten, Schulen oder bei Tagesmüttern aufwachsen. Das Engagement der Eltern in diesem System ist hierbei nicht gefragt. Um das Elternrecht nicht zu verletzen, wurde in der Sprache nach außen bisher strikt darauf geachtet, dass die genannten Betreuungsangebote die Erziehung in der Familie nicht ersetzt, sondern ergänzt. Begründet wird dies sogar mit der „Entlastung“ der Eltern bis hin zur „Förderung“ der Kinder. Was sind jedoch die Folgen dieser „Entfamiliarisierung“ und sind Familien mit Kindern wirklich benachteiligt?

Leitbild der Kindererziehung

Schon in der Schwangerschaft erreichen Frauen die üblichen Sätze und Fragen über die getroffenen Entscheidungen zur Familienplanung. Hat man Glück, folgen hierauf nur subjektive Meinungen und keine persönlichen Angriffe. Leider ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie jedoch heute noch keine persönliche Entscheidung. Die „Gesellschaft“ spricht mit; auch wenn man sie nicht gefragt hat.

Mit der Gesellschaft meint man Verwandte, Freunde, Bekannte, Kollegen oder öffentliche Meinungen in den Leitmedien. Die voll berufstätige Mama wird schnell zur „Rabenmutter“ stilisiert und die Mama zu Hause zur „abhängigen und nicht mehr denkenden Hausfrau“. Teilzeitmütter sind dazwischen und die Rolle der Väter werden dabei oft erst gar nicht erwähnt. Wenn man als in der Masse mitschwimmt kommt man wohl um die meiste Kritik herum. Doch was sagt also die Öffentlichkeit zu der Rolle der Frau, dem Vater und der ganzen Familie?

Die Medien beschreiben täglich in Artikeln und Büchern die besten Ansätze zum Thema „Kinder & Karriere“ und erfindet die Generation Y. Junge Erwachsene also, die zwischen den späten 70ern und den frühen 1990er Jahren geboren sind. Gerade für neue Eltern eine hochspannende Angelegenheit.

Diese Generation Y ist allerorten zu finden. Sie hält sich für etwas Besseres und hat viel zu hohe Ansprüche an sich selbst. Meist sind die Eltern der Y Generation in den 50er Jahren geboren, gehören also zur Generation „Baby Boomer“. Deren Eltern, also die Großeltern, wuchsen während der Wirtschaftskrise auf und unterscheidet sich am stärksten von der Generation Y. Das wichtigste für die Großeltern war die finanzielle Sicherheit und deswegen predigen sie auch heute noch von praktischen, sicheren Lebenswegen ohne Dürreperioden, wie sie sie erlebt hatten. Für die Frauen dieser Generation ist es also unvorstellbar ihren Beruf aufzugeben und nicht für das Wohl der Gesellschaft und zuletzt sich selbst zu arbeiten. Die Generation Y propagiert dagegen die perfekte Welt der von der Leyens mit den perfekten Leben und Frisuren.

Man müsse sich emanzipieren vom Leitbild der „guten Mutter“, die sich eigenhändig um ihr Kind kümmert und dafür viel Zeit und Aufmerksamkeit schenkt. Die Öffentlichkeit bezweifelt dabei sogar, dass die elterliche Förderung der „späteren Entwicklung des Kindes tatsächlich förderlich ist“. Kinder seien heutzutage wie ihre Leitbilder aus dem Fernsehen nämlich robuster und selbständig und weniger schutzbedürftig. Damit soll Eltern von studierten Sachverständigen beigebracht werden, dass sie sich weniger sorgen und kümmern müssten. Dies übernehmen doch immerhin die öffentlichen Einrichtungen.

Entfamiliarisierung durch die Gesellschaft

Familie liegt auf einer Wiese | © panthermedia.net /asife
Familie liegt auf einer Wiese | © panthermedia.net /asife

Spricht man heute von Familie gibt es zum Teil doch erhebliche unterschiedliche Konstellationen, die sich in einigen Fällen von der klassischen Vorstellung einer Familie unterscheiden. Hier sieht man unter anderem Mehrgenerationenfamilien, Ein-Eltern-Familien, Großfamilien, Patchworkfamilien usw.; eine Familie hat heutzutage also vielfältige Gesichter und Strukturen.

Soziologen kritisieren übrigens den Verfall der familiären Struktur, die sie wiederum in der Individualisierung, dem Karrieredruck, den Existenzängsten, der Schnelllebigkeit, Leistungsorientierung und Ansprüchen begründen. Im schlimmsten Fall sieht man sich in der Familie fast gar nicht mehr, wenn alle Mitglieder arbeiten gehen (müssen). Man gibt sich die Türklinke in die Hand, steht unter Zeitdruck, Rituale fehlen und gemeinsame Aktivitäten werden auf das Wochenende verlegt. Das Kind wird bei der ganzen Sache von einer Instanz zur anderen geschoben; es existieren kaum gemeinsame Mahlzeiten, Austausch oder eine konstruktive Beziehungsgestaltung. Es fehlt einfach das Zentrum der Familie.

Viele Kinder gehen morgens ohne Frühstück zur Schule, kommen nach der Schule in die leere Wohnung und verbringen dabei viel Zeit alleine. Früh selbständig zu werden ist sicherlich eine wichtige Kompetenz, durch die fehlende Gemeinschaft werden jedoch oft die dadurch fehlenden Beziehungen durch Fernseh- und Computerkonsum, Essen, fragwürdige Cliquen usw. ersetzt. Viele Entscheidungen, die die Familienmitglieder durch ihr Fehlen nicht treffen können, müssen selbst getroffen werden und überfordern nicht selten den Heranwachsenden. Die Auswirkungen können eine Verunsicherung der eigenen Fähigkeit zur Beziehungs- und Familiengestaltung sein. Eine stabile Identität als Grundlage für den späteren Aufbau einer eigenen Familie fehlt.

Gute und schlechte Betreuungsplätze

Soziale Kompetenzen und die Fähigkeit der Beziehungsgestaltung bilden sich allerdings nicht allein durch familiäre Strukturen und deren Vorhandensein. Hier ist die Qualität der Beziehungen innerhalb des gesamten Betreuungsnetzes gefragt. Bei konstanten und verlässlichen Bezugspersonen, zu denen eine gesunde Beziehung aufgebaut wird, kann das Kind eine eigene Beziehungsgestaltung erlernen.

Großeltern z.B. können eine wertvolle Bereicherung sein. Sie haben viel zu geben, vermitteln gute Werte, erzählen Geschichten und singen Kinderlieder. Viele Großeltern nehmen sich auch gerne die Zeit. Sie basteln, kochen, backen, suchen Pilze und lesen mit den Kids. Kurzum, sie lassen sich auf das Kind ein. Ein konstantes Betreuungsnetzwerk aus Großeltern, Tagesmüttern und anderen Bezugspersonen, die konstant, einfühlsam und emotional nährt, nicht ständig wechselt und auf das Kind eingeht, kann die klassische Familie bereichern und sich mit ihr vergleichen. Grundsätzlich bin ich also nicht gegen eine Kinderbeziehung. Aber wenn muss es einen festen Rahmen mit festen Bezugspersonen sein – und nicht übervolle Kitas mit minderqualifizierten Erziehern, die in der Gruppe von Kindern den eigenen Nachwuchs nicht ausreichend Fördern und Fordern können.

Kindeswohl bei der Betreuung

Betreuung durch die eigene Mutter ist noch immer die beste Betreuung
Betreuung durch die eigene Mutter ist noch immer die beste Fürsorge für das Kind.

Seit 2013 gibt es den verbindlichen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Die Nachfrage nach Betreuungsangeboten steigt. Meine eigene Meinung habe ich im letzten Satz beim vorherigen Absatz ja deutlich gemacht; aber wie sieht es dabei im Kind eigentlich aus?

Untersuchungen der Bindungsforschung zeigen, dass der intensive Kontakt zur Mutter oder einer anderen Bezugsperson im ersten Lebensjahr entscheidend auf die positive Entwicklung der Persönlichkeit wirkt. In den meisten Fällen gehen Eltern mit dieser Phase der Entwicklungsphase sehr verantwortungsvoll um und betreuen ihre Kinder in dem Zeitraum selbst. Bereits mit zwei Jahren wird das Spielen mit den Altersgenossen zwar wichtiger, die Bindung zur Bezugsperson bleibt aber dennoch gleich bedeutungsvoll und sehr wichtig.

Wichtig bei der Betreuung sei die Förderung und das Fordern, jedoch käme es gerade bei Kleinkindern weniger auf das Erlernte an als auf die Wärme und Geborgenheit der jeweiligen Betreuer.

Wer bitte könnte dies besser als die eigenen Eltern? Gerade die Betreuung von Kleinkindern ist anspruchsvoll und bedarf einem sehr feinen Einfühlungsvermögen, da das Kind sich noch nicht selbst ausdrücken kann. Eltern verhalten sich hier intuitiv richtig. Ungelernte oder unerfahrene Betreuer bergen die Gefahr zu glauben, dass man mit einem einjährigen Kind nicht richtig kommunizieren brauche, die Dinge benennen und kommentieren muss. In großen Gruppen ist dies selbst bei dem Bewusstsein darüber überhaupt nicht möglich. Gerade dies ist jedoch enorm wichtig, denn so werden für viele Kinder Dinge erst verständlich.

Gibt es zu wenig qualifizierte Betreuungsplätze, kann die Erzieherin diese Zuwendungen also nicht bieten. Kitas und ähnliche Einrichtungen müssen sich auf die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern einlassen und einen Austausch bieten. Soll eine Bindung zur Erzieherin oder Tagesmutter aufgebaut werden, so sind Psychologen sich einig, dass dies möglich ist, solange viel Zeit für die Zuwendung aufgebracht werden kann und verstanden wird dass jedes einzelne Kind in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich viel Zuwendung benötigt. Alles andere bedeute Stress für das Kind und ist einfach nicht gut. Auch wenn ich mich wiederhole. Ich bin grundsätzlich ebenfalls für die Betreuungsangebote für Eltern, die weiterhin arbeiten wollen (oder müssen). Nur wenn eine Kinderbetreuung angeboten wird, dann muss sie auch hochwertig und familiennah organisiert sein.

Fazit

Die Vielfalt der Beziehungsstruktur mutet an, dass die traditionelle Familie nach und nach bedroht ist. Das muss zwar nicht zwangsläufig der Fall sein; durch die aktuelle Politik bekommt man aber genau diesen Eindruck. Abschließend sei gesagt, dass dieser Artikel zwar die Schwierigkeiten einer Familie durch öffentlich propagierte Rollenbilder oder fehlende Betreuungsmöglichkeiten behandelt, aber auch im 21. Jahrhundert können familiäre Strukturen unter erschwerten Bedingungen in den eben genannten Gebilden entstehen und existent bleiben.

Familien sollten bei den Betreuungsmöglichkeiten auf Qualität und nicht auf die Quantität achten und den einfachen Trick des gesunden Maßes zwischen eigenem Bedürfnis und dem des Kindes anwenden. Sicherlich klingt dies zunächst anstrengend. Es ist jedoch eine Investition, die sich lohnt. Die Qualität der Beziehungen zwischen den einzelnen Mitgliedern ist der ausschlaggebende Faktor für das Gefühl Teil der Familie und damit Teil von etwas Schönem zu sein. Es ist nicht wichtig, ob es sich hier um eine klassische Familie handelt; man sollte nur seinen Verstand einschalten und auf die Signale seines Kindes hören. Sie erzählen uns sehr viel – wir müssen nur hinhören! Und in der Regel sagen sie uns: „Mama – Papa. Ich möchte bei euch sein!“

Bildquellen
Artikelbild: © panthermedia.net darknula
Oben-Mitte:© panthermedia.net asife
Unten-Links: © panthermedia.net Hannes Eichinger

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