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Der Bundestag online – im Interview mit Julian Jostmeier von bundestagsradar.net

Der Bundestag online – im Interview mit Julian Jostmeier von bundestagsradar.net

Hallo Julian. Stell dich doch bitte kurz meinen Lesern vor.

Hallo Simon. Mein Name ist Julian Jostmeier. Ich bin Journalist, Blogger und mache gelegentlich Filme.

2010 habe ich meine Diplomarbeit zum Thema “Politische Blogosphäre in Deutschland – Unterschätztes Diskurspotenzial im Web 2.0?” verfasst.

Spätestens seit diesem Zeitpunkt treibt mich die Frage um, welche Möglichkeiten das Netz in Bezug auf die politische Partizipation bietet.

Insbesondere die sozialen Netzwerke beflügeln hier natürlich die Idee einer webbasierten, deliberativen Demokratie.

Hinzu kommt das Interesse daran, wie sich von Seiten der Abgeordneten politische bzw. strategische Kommunikation über das Netz durchführen und der Erfolg direkt messen lässt.

Warum hast du deinen Blog bundestagsradar.net ins Leben gerufen?

bundestagsradar

Um genau diese Möglichkeiten zu untersuchen und die Ergebnisse festzuhalten habe ich bundestagsradar.net ins Leben gerufen.

Dort kann ich aktuelle Ereignisse festhalten, sammeln und vor allem mit meinen Lesern diskutieren. Dabei versteht sich das Blog keineswegs als Plattform, auf der sich User lautstark über ungerechte Politik und unfähige Politker auslassen sollen.

Es soll vielmehr festgehalten werden, wie welche Themen durch welche (Web-)Kanäle mit welchem Erfolg kommuniziert werden und auch, welche Instrumente der Bürgerbeteiligung auf diesem Weg (sinnvoll) genutzt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist dies in der Gesamtheit eine Wunschvorstellung und  führt in der Praxis zu teils skurrilen Auswüchsen. Aber auch die halte ich mithilfe des Bundestagsradars fest.

Gibt es eigentlich einen eigenen Ausschuss bzw. Ansprechpartner für Familien mit Kindern und was würde das für die Betroffenen heißen?

Zunächst einmal gibt es den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Infos zur Zusammensetzung, Themen- und Entscheidungsfindung dieses Ausschusses finden sich online auf der Seite des Deutschen Bundestages. Neben Texten zur Arbeitet des Ausschusses finden sich auf der Website auch Bildmaterial und eine Videodokumentation über das Gremium.

Rotes AusrufezeichenMöchten Bürger aktiv an der angesprochenen Themen- und Entscheidungsfindung teilnehmen, dann ist auch das online möglich.

2005 hat die Bundesregierung – zunächst testweise – die so genannte ePetition eingeführt. Auf der Seite des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages kann sich jeder Bürger registrieren, sein Anliegen in einer Petition formulieren und von anderen mitzeichnen lassen. Das gilt selbstverständlich auch für den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Also kann jeder Bürger sein Anliegen formulieren und im Zweifel dann damit auch die Politik mitbestimmen?

Genau so ist es. Dabei gibt es öffentliche Petitionen (bei denen andere Bürger mitzeichnen können) und Petitionen, die Bürger ganz für sich einreichen. Beide sind gleichwertig und können nach Prüfung durch den Petitionsauschusses Eingang in die Gesetztgebung durch die Beschlüsse des Deutschen Bundestages finden.

Gibt es eine Petition, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist und am Ende etwas bewegt hat?

Ja, die gibt es. Heute aktueller denn je ist eine Petition aus dem letzten Herbst. Darin wurde Ausstieg aus der Atomkraft bis zum Jahr 2023 gefordert. Sie wurde von über 70.000 Bürgern mitgezeichnet.

Ebenfalls großes Aufsehen erregt die Netzsperren-Debatte. Auch hierzu gab es eine Online-Petition, die von mehr als 130.000 Bürgern gezeichnet wurde. Diese beiden Beispiele zeigen zudem sehr deutlich, welche Zahl von Menschen über das Internet erreicht und mobilisiert werden kann. Noch eindrucksvoller sind natürlich die jüngsten Ereignisse in Nordafrika, wo sich Hunderttausende über Facebook und Twitter zu Demonstrationen verabredet haben.

Man könnte dann ja auch sagen: Machen statt meckern, oder?

In einer Demokratie: Immer!

Kann man sich bei dem Bundestag über Behörden wie z.B. der Familienkasse beschweren?

Streitgespräch zwischen Mann und FrauIch denke nicht, dass sich der Bundestag direkt als Anlaufstelle für persönliche Beschwerden eignet.

Die Familienkassen sind meines Wissens nach an die Arbeitsagenturen angegliedert und in jeder größeren Stadt vertreten. Das bedeutet auch, dass die jeweiligen Akten dort geführt werden.

Der Bundestag, unser Parlament, wird personenbezogene Anfragen nicht beantworten können – weder online noch offline. Ebenso verhält es sich mit dem Kindergeld und allen anderen Leistungen. Zwar verabschiedet der Bundestag die Gesetze, die Ausführung übernehmen hingegen Behörden auf Bundes- , Landes- und Stadt- bzw. Gemeinde-Ebene. Dort sitzen dann die Ansprechpartner. Größtenteils sind auch diese bereits über das Internet erreichbar, einige bieten eine FAQ-Funktion auf ihrer Website an.

Darüber hinaus gilt für alle Bereiche: Jeder Wahlkreis entsendet seine Abgeordneten in den Bundestag und diese sind jederzeit ansprechbar. Über die jeweilige Partei, das Wahlkreisbüro und auch den Bundestag.

Bezieht sich eine Anfrage direkt auf ein lokales bzw. regionales Anliegen, dann macht eine Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Vertreter im Deutschen Bundestag Sinn.

Und dies geschieht bereits über das Netz – zum Beispiel über abgeordnetenwatch.de . Dort können Mitglieder des Bundestages direkt angesprochen und zur Agenda ihrer Partei, ihrer persönlichen Meinung oder ihr Engagement für den Wahlkreis befragt werden.

Julian. Vielen Dank für das Interview! Ich wünsche dir viel Erfolg und alles Gute. Freu mich schon auf das nächste Interview mit dir.

Das Blog bundestagsradar.net ist ein wirklich sehr interessantes Projekt von Julian und ich kann wirklich jedem nur empfehlen, ab und an dort vorbeizuschauen. Politik geht uns alles was an und Julian schreibt sehr genau und ausführlich, worum es dort geht – wirklich klasse! Vielen Dank!

Fotoquellen: Mitte rechts; ©panthermedia.net/Darius Turek – unten links; ©panthermedia.net/Erwin Wodicka

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