Dass Pferde eine positive Wirkung auf uns Menschen haben, ist längst keine neue Information mehr. Bereits vor über 5.000 Jahren erwiesen sie uns als Reit- und Fahrtiere ihre Dienste und auch heute noch profitieren wir von den großen Lebewesen: Sie ziehen Planwagen, sind ideale Sport- sowie Freizeitpartner und in seltenen Fällen noch immer als wichtige Arbeitstiere in Landwirtschaft und Viehzucht tätig. Als wäre das nicht schon genug, dienen Pferde seit einigen Jahren sogar als Therapeuten.
Beim sogenannten Therapeutischen Reiten wird die Kraft der Pferde genutzt, um Menschen mit Einschränkungen aufzuheitern und ihre Symptome zu lindern. Speziell bei Kindern schlägt diese Art der Therapie besonders gut an, weshalb die Reittherapie in den letzten Jahren in Kindergärten und Grundschulen immer mehr Anklang fand. Die positive Wirkung des Pferdes auf die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen wird mittlerweile in der Fachwelt nicht mehr infrage gestellt. Doch was bedeutet Therapeutisches Reiten konkret und welche Kinder können davon profitieren? Wir geben im Folgenden ausführliche Antworten und Tipps, wie man bei Interesse einen passenden Therapiehof findet.
Inhalt
Was ist Therapeutisches Reiten?
Als Therapeutisches Reiten werden im Allgemeinen alle diejenigen psychologischen, pädagogischen und rehabilitativen Maßnahmen bezeichnet, die über das therapeutische Medium Pferd umgesetzt werden. Diese können sowohl bei Erwachsenen als auch Kindern angewendet werden, wobei die Reittherapie grundsätzlich in zwei Formen eingeteilt wird: die Hippotherapie und das Heilpädagogische Reiten. Während Letzteres sich an psychisch verhaltensauffällige Menschen richtet, sorgt die Hippotherapie für die Linderung physischer Erkrankungen. In vielen Fällen werden allerdings beide Bereiche verbunden, da körperliche Einschränkungen oftmals auch mit seelischen Störungen einhergehen.
Was im obigen Absatz so komplex klingen mag, bedeutet konkret: Menschen mit jeglicher Art von Einschränkung können durch das Therapeutische Reiten liebevoll Nähe zum Lebewesen Pferd aufnehmen und dadurch von vielfachen Vorteilen profitieren. Dabei geht es nicht alleine um das Reiten selbst, sondern vor allem auch um die Nähe zu den Tieren. Beim Putzen, Pflegen, Füttern und (ganz viel!) Kuscheln erfahren die Betroffenen das Pferd als einen Partner und Seelenverwandten. Zur Reittherapie gehören außerdem auch das Spazierengehen mit dem Tier und kleine Geschicklichkeitsübungen, die neben oder vom Pferd aus erledigt werden können.
Pferde eignen sich hervorragend als Therapeuten, denn sie sind beeindruckende und gleichzeitig unfassbar sanfte Wesen. Gemeinsam mit ihnen können Menschen ganz neue Fähigkeiten an sich entdecken, wie etwa Mut, Durchsetzungsvermögen oder Fürsorge. Bei der Arbeit mit dem Pferd werden alle menschlichen Sinne gefordert und gefördert, wobei durchgehend höchste Konzentration erforderlich ist – schließlich ist man auf ganzer Ebene für das Tier verantwortlich. Außerdem ähnelt der natürliche Bewegungsablauf des Pferdes dem des Menschen, weshalb beim Reiten Haltung, Koordination und Gleichgewicht spielerisch trainiert werden.
Für welche Kinder eignet sich die Reittherapie?
Pferde faszinieren seit jeher sowohl Groß als auch Klein, aber vor allem Kinder sind immer wieder beeindruckt von den wunderschönen Lebewesen. Aus diesem Grund ist Therapeutisches Reiten gerade für Kids eine sehr effektive Behandlungsmethode. Grundsätzlich wird jede Therapieeinheit individuell auf den Patienten und seine Bedürfnisse angepasst, weshalb es vielschichtige Einsatzbereiche gibt. Das eigenständige Reiten zu lernen, ist ein schöner Nebeneffekt, aber steht nicht im Vordergrund der Behandlung.
Kinder mit körperlichen Entwicklungsstörungen lernen ihren Körper über das Pferd neu kennen und verbessern ihre somatischen Fähigkeiten. Neben den Sinneswahrnehmungen werden inneres und äußeres Gleichgewicht geschult. Außerdem eröffnet die Hippotherapie Kindern mit starken körperlichen Einschränkungen (Kinderlähmung, Spastik etc.) eine Behandlung, welche die Muskeln entspannen und die Selbstheilungskräfte aktivieren soll. Auch Kids mit Down-Syndrom, Autismus oder anderen Behinderungen profitieren vom Lebewesen Pferd – nicht zuletzt, weil Tiere keine Vorurteile gegenüber eingeschränkten Menschen haben.
Eine weitere große Zielgruppe sind Kinder, die an Konzentrationsschwäche oder ADS/ ADHS leiden. Beispielsweise fördert gezieltes Führtraining die Konzentration und Merkfähigkeit des Patienten, indem spielerisch komplexe Aufgabenstellungen erfüllt werden. Ungeduldige und impulsive Kids lernen, dass sie im Umgang mit dem Pferd Ruhe bewahren und sich an gewisse Regeln halten müssen. Sie verbessern ihr Einfühlungsvermögen und lernen, mit den eigenen Gefühlen umzugehen. Im Gegensatz dazu werden besonders ruhige Kinder aktiver und kommen mehr aus sich heraus, denn zwanglose Übungen machen sie stolz und fördern ihr Selbstwertgefühl. Durch kleine Erfolge, wie dem Pferd ein Leckerchen zu geben, profitieren auch Kinder mit Versagensangst oder Kontaktschwierigkeiten vom Therapeutischen Reiten. Grundsätzlich können Pferde allen Kindern, die in bestimmter Weise Entlastung vom Alltag suchen und sich zu Pferden angezogen fühlen, ein positives Grundgefühl vermitteln.
Was macht einen guten Therapiehof aus?
Aufgrund der oben genannten Punkte lohnt es sich also definitiv, bei Kindern mit seelischen und körperlichen Einschränkungen über eine Reittherapie nachzudenken. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass die Kids meistens gar nicht merken, dass es sich um eine Therapieform handelt, sondern das Therapeutische Reiten eher als eigenes Hobby betrachten, zu dem sie gerne und voller Vorfreude hingehen. Damit solch ein positives Erlebnis möglich ist, muss man allerdings einen geeigneten Therapiehof wählen, der alle wichtigen Aspekte erfüllt.
Zuerst einmal hängt viel vom Reitlehrer bzw. vom Reittherapeuten ab. Dieser sollte einfühlsam sein, viel Wert auf das Miteinander zwischen Pferd und Mensch legen, gleichzeitig auf alle Bedürfnisse des Kindes eingehen und zudem eine gute Ausbildung genossen haben. Über das Deutsche Kuratorium für Therapeutisches Reiten lässt sich feststellen, wer tatsächlich zum Hippotherapeuten ausgebildet wurde und somit alle wichtigen Fachkenntnisse vorweisen kann. Die Chemie zwischen Patient und Therapeut muss von Anfang an stimmen, denn nur so kann eine gute Behandlung gewährleistet werden. Wer also direkt in den ersten Minuten ein komisches Bauchgefühl hat und keine Sympathie zum Reitlehrer aufbauen kann, sollte sich lieber für einen anderen Hof entscheiden.
Neben einem ausgebildeten Reittherapeuten ist selbstverständlich auch das Pferd ein wichtiger Bestandteil – schließlich macht das Tier den größten Teil der Behandlung aus. Alle Pferde auf dem Reiterhof sollten daher für die heilpädagogische Arbeit trainiert worden sein und somit über ein gelassenes und ruhiges Gemüt verfügen, damit jederzeit für volle Sicherheit gesorgt ist. Beispielsweise darf es sie nicht stören, wenn ein Kind mal unerwartet losrennt oder laut schreit. Außerdem ist es wichtig, dass die Atmosphäre auf dem Hof positiv erscheint. Dazu gehört eine artgerechte Pferdehaltung mit vielen grünen Wiesen, sauberes Stallmanagement und gute Trainingsbedingungen. Nur wenn sich sowohl Menschen als auch Pferde rundum wohlfühlen können, kann ein optimaler Lernprozess erfolgen. Aus diesem Grund sind die Haltungsbedingungen und der Stallaufbau weitere wichtige Kriterien bei der Wahl eines geeigneten Therapiehofs. Wenn ein Hof gefunden wurde, der alle Aspekte zufriedenstellend erfüllt, steht der Reittherapie nichts mehr im Wege – denn das Glück der Erde liegt manchmal wirklich auf dem Rücken der Pferde!