Eltern haben den Auftrag für ihre minderjährigen Kinder die Aufsichtspflicht auszuüben. Die Aufsichtspflicht ist ein Teil des § 1632 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dieser Paragraph regelt insbesondere die Personensorge von Eltern für ihre Kinder. In diesem Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches werden dabei die Rechte und Pflichten der Eltern definiert für das Kind zu sorgen, es zu pflegen, zu erziehen und zu beaufsichtigen.
Aus diesem Grund resultiert aus diesem Paragraphen auch die gesetzliche Aufsichtspflicht der Eltern. Allerdings ist der Begriff „Aufsichtspflicht“ sehr weit gefasst und in vielfältiger Weise auslegbar – „die Aufsichtspflicht“ gibt es also eigentlich nicht.
Inhalt
Was genau umfasst die Aufsichtspflicht?
Die Aufsichtspflicht besteht aus mehreren Aufgaben. So ist es zum einen die Aufgabe der Eltern Sorge dafür zu tragen, das Kind vor Schäden zu bewahren. Seien es Schäden durch Unfälle oder Schäden durch außenstehende Dritte oder auch durch einen Schaden, den das Kind sich selbst zufügen würde. Außerdem sind die Eltern verpflichtet andere Personen vor Schäden, die durch das Kind verursacht werden, zu beschützen. Nur wenn beide Aspekte gewahrt werden, wird die Aufsichtspflicht umfänglich geschützt.
Was geschieht, wenn ich gegen die Aufsichtspflicht verstoße?
Im Falle eines vorsätzlichen und fahrlässigen Verstoßes gegen die Aufsichtspflicht können sowohl straf- als auch zivilrechtliche Konsequenzen entstehen. Um sich vor zivilrechtlichen Konsequenzen zu schützen, lohnt sich der Abschluss einer Haftpflichtversicherung für die ganze Familie. Diese Versicherung trägt im Schadensfall die Kosten für Schäden, die das Kind verursacht hat. Der strafrechtlich relevante Aspekt bleibt durch die Versicherung allerdings unberührt.
Aufsichtspflicht der Eltern
Bedeutet die Aufsichtspflicht, dass ich mein Kind überwachen muss?
Diese Frage lässt sich mit einem definitiven „Nein“ beantworten. Der Gesetzgeber erwartet von Eltern keine 24-Stunden-Bewachung des Kindes. Dies wäre der Entwicklung eines Kindes auch äußerst abträglich – dem Alter entsprechend sollte der Nachwuchs selbstverständlich Freiheiten genießen und auch ohne die direkte Aufsicht der Eltern aktiv sein dürfen.
Vielmehr fordert der Gesetzgeber eine altersentsprechende Kontrolle der Aktivitäten der Kinder – ein Säugling muss schließlich anders beaufsichtigt werden als ein 16jähriger Teenager. Entsteht einem Säugling ein Schaden, weil er nicht beaufsichtigt wird, wird man die Eltern strafrechtlich zur Verantwortung ziehen können. Bei einem Teenager hingegen werden keine strafrechtlichen Konsequenzen für die Eltern entstehen, wenn dieser Schaden anrichtet – es ist von den Eltern nicht zu erwarten ein Kind in dieser Altersstufe dauerhaft zu beaufsichtigen.
Der Charakter und die Reife der Entwicklung des Kindes, spielt übrigens ebenfalls eine Rolle für die angemessene Aufsichtspflicht. Bei sehr vernünftigen und vorsichtigen Kindern kann die Aufsichtspflicht anders ausfallen als bei Kids, die ein hitziges Temperament haben und zur Unvorsichtigkeit neigen. Außerdem ist die Aufsichtspflicht immer in der Relation zur Örtlichkeit zu sehen. Ein Kind im Kindergartenalter kann zu Hause auch gut und gerne für einige Zeit ohne Aufsicht im sicheren Kinderzimmer spielen – am See hingegen benötigt ein Kind in diesem Alter eine Aufsicht.
Das Gesetz verlangt von den Eltern also in erster Linie vernünftiges und klar nachvollziehbares Handeln bezüglich der Aufsichtspflicht, ist sich gleichzeitig aber auch darüber bewusst, dass es nicht möglich und förderlich ist, ein Kind ständig zu kontrollieren. Strafrechtlich relevant wird die Aufsichtspflicht nur bei groben Verstößen (zum Beispiel mangelhafte Beaufsichtigung eines Säuglings). Die Entscheidung, ob die Aufsichtspflicht ordnungsgemäß erfüllt wurde, ist also immer vom konkreten Einzelfall abhängig und kann nicht pauschal beantwortet werden. Im Ernstfall sind die Eltern allerdings in der „Bringschuld“ – sie müssen also beweisen, dass die Aufsichtspflicht ordnungsgemäß erfüllt wurde.
Ist es möglich, die Aufsichtspflicht auf Andere zu übertragen?
Ja, die Aufsichtspflicht kann von den Eltern an Dritte delegiert werden. Dies geschieht beispielsweise häufig im Rahmen von Schulausflügen – hier übernehmen die Lehrer für die Zeit der Reise die Aufsichtspflicht der Eltern. Sie haben dann in diesem Moment die gleichen Rechte und Pflichten wie die Eltern, während sie die Aufsichtspflicht übernehmen.
Die Aufsichtspflicht kann auch auf jede beliebige Person – zum Beispiel den Großeltern oder dem Babysitter – übertragen werden. Für den Zeitraum, für den die Aufsichtspflicht übertragen wurde, übernimmt dann die Aufsichtsperson die umfängliche Verantwortung für das Kind – sollte also ein Schaden entstehen, ist es diese Aufsichtsperson, die zur Rechenschaft gezogen wird. Insgesamt bewegen sich Eltern immer dann auf sicherem Terrain, wenn sie ihrem Nachwuchs dem Entwicklungsstand entsprechend nach bestem Gewissen beaufsichtigen – sofern Eltern diese Pflicht erfüllen, drohen im Schadensfall keine Konsequenzen.
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Artikelbild: ©panthermedia.net Katy Spichal