Die Postpartale Depression oder das Postpartale Stimmungstief beschreibt eine psychische Störung, die häufig im Zusammenhang mit dem Wochenbett auftritt. Die Annahme, dass für Postpartale Depressionen der Frau eine spezifische familiäre Konstellation oder gar der Partner verantwortlich sei, kann aber übrigens in das Reich der Fabel verwiesen werden, da die Ursachen vielschichtig sind und, wie neuere Erhebungen erwiesen haben, neben Frauen auch Männer von Postpartalen Depressionen betroffen sind.
Die Postpartale Depression, als meist im oder nach dem Wochenbett auftretender affektiver Zustand der Frau, kann unterschiedliche Schweregrade und Ausprägungen aufweisen. Diese reichen von Schüben leichter Melancholie und Traurigkeit über ausgeprägte depressive Phasen bis hin zu psychotischen Krankheitsbildern erheblicher Schwere. All diese Ausprägungen vollziehen sich jedoch unabhängig von familiären oder partnerschaftlichen Konfliktherden und sind auch bei alleinerziehenden Frauen nachweisbar.
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3 klinische Bilder der Postpartalen Depression
[sws_yellow_box box_size=“630″]Als klinisches Bild manifestiert sich die Postpartale Depression üblicherweise in 3 unterschiedlichen Formen. Als „Baby Blues“ oder „Heultage“ bezeichnet der Laie oft die minder schwere Ausprägung der Störung, das sogenannte Postpartale Stimmungstief. Eine psychotische Störung gravierenderrer Schwere stellt bereits die Postpartale Depression (PPD) dar. [/sws_yellow_box]
Die schwerwiegendste Form bildet jedoch die Postpartale Psychose (PPP), wobei zwischen allen 3 genannten Schweregraden jeweils fließende Übergänge existieren können. Das Postpartale Stimmungstief ist die mildeste Variante der Störung. Sein Kennzeichen ist das Auftreten temporärer und leichter Zustände der Verstimmung der Wöchnerin, die innerhalb der ersten Tage nach der Geburt auftreten und meist bereits schon nach wenigen Tagen von allein wieder abklingen.
Weitere allgemeine Symptome des Postpartalen Stimmunstiefes sind ein allgemeiner, als subdepressiv bezeichneter, gedrückter Gemütszustand, eine leichte Verwirrtheit der Wöchnerin, eine übermäßige Sorge um das neugeborene Kind, Erschöpfung, Trauer, krampfhaftes Weinen, Konzentrations- und Schlafstörungen sowie allgemeine Appetit- und Schlaflosigkeit. Das Postpartale Stimmungstief wird im Rahmen der klinischen Diagnostik als nicht krankhaft klassifiziert, da es im Regelfalle von selbst und ohne entsprechende Behandlung nach wenigen Tagen wieder abklingt. Das Postpartale Stimmungstief ist eine häufige Erscheinung, die beinahe zwei Drittel aller Wöchnerinnen befällt.
Verhaltensforscher und Neurologen klassifizieren das Postpartale Stimmungstief inzwischen als gesunde Reaktion des weiblichen Organismus auf die gravierenden Veränderungen, die die Geburt eines Kindes für die hormonelle, aber auch familiäre Situation der Wöchnerin, mit sich bringt. Anthropologen beschreiben die Tatsache, wonach die meisten indigenen Völker die Postpartale Depression nicht kennen und schreiben diese der massiven Intervention von Arzt und Hebamme während der Geburt zu, wodurch ein intensives und störungsfreies Aneinandergewöhnen von Wöchnerin und Neugeborenem während und nach der Austreibungsphase zunächst durch medizinische Maßnahmen unmöglich gemacht wird.
Unerheblich für das Auftreten des Postpartalen Stimmungstiefes ist die Schwere oder die Art der Geburt. Als begünstigende Faktoren konnten jedoch eine allgemeine depressive Disposition der Wöchnerin und eine nur geringe oder nicht vorhandene Unterstützung der Frau durch ihr soziales Umfeld identifiziert werden. Die Ursache für das Postpartale Stimmungstief ist jedoch ausschließlich in der hormonellen Umstellung der Frau nach der Geburt zu suchen. Mit der Entbindung des Mutterkuchens sinkt der während der gesamten Schwangerschaft stets erhöhte Östrogen- und Progesteronspiegel der Wöcherin abrupt dramatisch ab. Dafür steigt der Proaktinspiegel im Blut der Wöchnerin deutlich an. Es wird angenommen, dass das Östrogen im Hirn der Wöchnerin einen starken stimmungsstabilisierenden, ja euphorischen Effekt bewirkt, durch dessen plötzlichen Wegfall das Postpartale Stimmungstief der Wöchnerin ausgelöst wird.
Der zeitliche Rahmen für das Auftreten der Postpartalen Depression (PPD) oder Wochenbettdepression ist umfassender, denn sie kann innerhalb der ersten 2 Jahre nach der Entbindung auftreten. Fast ein Viertel aller Mütter sind nach der Entbindung von dieser Erkrankung betroffen, aber auch etwa 5 % aller Väter. Die Symptome sind schleichend und erschweren häufig die Diagnose. Begünstigende Faktoren sind in psychischen Erkrankungen, traumatischen Erlebnissen und belastenden Lebenssituationen der Wöchnerin zu suchen. Die Postpartale Depression erfordert Behandlung, da sie meist auch das Risiko des Suizids oder des Infantizids (der postnatalen Kindstötung) mit sich bringt. Symptome sind hier Angstzustände, Energiemangel, Desinteresse gegenüber dem Neugeborenen, Leere, Taubheit, Panikattacken, sexuelle Unlust, Reizbarkeit, nervöse Herzbeschwerden, Kopfschmerz, Zittrigkeit, Schwindelanfälle, Konzentrationsstörungen und Einschlafprobleme.
Die Postpartale Depression kann eine stationäre Behandlung erforderlich machen. Die Postpartale Psychose (PPP) oder Wochenbettpsychose stellt eine schwerwiegende paranoid-halluzinatorische Komplikation des Wochenbettes dar. Sie geht mit hochgradigen Angst-, Erregungs- und Verwirrtheitszuständen einher, betrifft etwa 3 von 1.000 Wöchnerinnen und erfordert die sofortige Einweisung der Betroffenen als Notfall in eine psychiatrische Klinik, sofern die Prognose günstig ausfallen soll. Diese etwa 2 Wochen nach der Entbindung auftretende PPP kann zu einem kompletten Abklingen führen, jedoch auch einen manifesten Verlauf mit Phasen des Wiederkehrens der Symptomatik nehmen.
Therapeutische Ansätze durch Selbsthilfe und Hilfe
Je nach Grad der Schwere der entsprechenden Symptome kann die Therapie in Selbsthilfe, partnerschaftlicher und familiärer Hilfe, aber auch in therapeutischer Hilfe, bis hin zum stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik, bestehen. Die individuelle Hilfe und Unterstützung der betroffenen Wöchnerin muss vor allem durch Partner, Familie und Freundeskreis erfolgen.
Auch eine effektive Hilfestellung bei der Versorgung des Haushaltes und bei der Kinderbetreuung kann hilfreich sein. Hier hat sich die Hinzuziehung eines Familienpflegers als nützlich erwiesen. In mittelschweren und schweren Fällen ist die Selbsthilfe und Unterstützung durch Partner, Familie und Freunde oft nicht ausreichend. Hier kann zum Schutz des Lebens von Mutter und Kind (Suizid-, Infantizid-Gefahr) die Hinzuziehung von Ärzten und Therapeuten erforderlich werden. In diesen Fällen werden Mutter und Kind in speziellen psychiatrischen Spezialambulanzen durch Psychotherapie, Musiktherapie, systemische Familientherapie, Psychopharmako- und Hormontherapie und durch naturkundliche Therapie, bei Bedarf auch stationär, behandelt.
Die Prognose ist bei der Mehrzahl der betroffenen Wöchnerinnen sehr gut und in beinahe 100 % der Fälle klingen die oftmals gravierenden Symptome vollständig wieder ab. Dennoch bedeutet die Zeit der Erkrankung für die betroffene Wöchnerin, aber auch für ihre Familienangehörigen, besonders jedoch für den Partner, oftmals das Durchleben eines großen und subjektiv sehr stark empfundenen Leidens. Auch postpartale Störungen und Depressionen, die bei Männern nach dem Wochenbett der Frau auftreten, sollten ernst genommen und bei entsprechender Schwere professionell behandelt werden. Sinnvoll ist es, wenn der Partner der betroffenen Wöchnerin auf ihre Ängste, insbesondere jedoch auf Versagens- und Verlustängste, eingeht und durch Zuhören und verständnisvollen Dialog zur Abmilderung der Symptomatik beiträgt. Die Wöchnerin sollte durch den Partner in der Gewißheit bestärkt werden, alle Anforderungen von Beruf und Mutterrolle erfüllen zu können.
[sws_blue_box box_size=“630″] Weitere Infos und Hilfe findest Du hier:
www.medizin-im-text.de
www.beraterteam.info
www.telefonseelsorge.de [/sws_blue_box]
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Artikelbild: ©panthermedia.net Dominika Lukaszun